Profis // Freitag, 18.03.2016
Die 2-Jahres-Bilanz
Die zweite vollständige Saison in der Amtszeit von Claus Gröbner als Geschäftsführer des ERC ist abgelaufen und könnte kaum unterschiedlicher zur ersten Spielzeit sein. Wir haben uns zu einem Gespräch mit ihm und dem Beiratsvorsitzenden Jürgen Arnold getroffen, um Bilanz zu ziehen...Claus, zu allererst: wie geht es dir?
Claus Gröbner: Ich bin natürlich zutiefst enttäuscht von der abgelaufenen Saison, nach den äußerst erfolgreichen Spielzeiten davor. Die Tage und Wochen zuletzt sind extrem anstrengend gewesen. Es ist deutlich angenehmer, unterstützt von Erfolg zu arbeiten. Das macht natürlich mehr Freude als in unangenehmen Zeiten.
Sprechen wir über die unangenehmen Zeiten.
Claus Gröbner: Da muss ich ein bisschen ausholen. Nach der Meisterschaft 2014 wussten wir, dass die kommende Saison hart wird, denn das Jahr nach dem Titelgewinn ist immer das schwerste. Aber es ist uns gelungen, Charakter und Gewinnermentalität in die neue Saison mitzunehmen. In der nun abgelaufenen Saison ist uns das allerdings nicht gelungen.
Warum?
Claus Gröbner: Die Leistungen des Teams waren über die gesamte Saison zu unkonstant. Auf gute Spiele, zum Beispiel in der Champions Hockey League, als wir den späteren Titelgewinner Frölunda Göteborg fast aus dem Turnier geworfen haben, folgten prompt Niederlagen, die man sich einfach nicht leisten darf, wie in diesem Fall gegen Schwenningen. Ich glaube, dass viele Neuzugänge und Leistungsträger aus den Vorjahren die Leistung nicht gebracht haben, die wir von ihnen gewohnt waren beziehungsweise erwartet hatten. Ich habe vor der Saison, wie viele Experten auch, mit voller Überzeugung gesagt, dass dieses Team wieder vorne mitspielen wird.
Was folgerst du daraus?
Claus Gröbner: Zunächst einmal verstehe ich, dass die Enttäuschung groß ist. Bei uns, dem Umfeld, der Mannschaft und allen voran natürlich den Fans. Natürlich bekommen wir mit, was geschrieben und gesagt wird. Und wir nehmen die Sorgen auch sehr ernst. Denn keiner, wirklich keiner, möchte noch einmal so eine Spielzeit wie die abgelaufene erleben. Deshalb ist es nun an Jiri Ehrenberger, das vergangene Jahr lückenlos aufzuarbeiten und daraus Schlüsse zu ziehen. Einer könnte zum Beispiel sein, bei der Auswahl der Spieler nicht allein das sportliche, sondern auch die Persönlichkeit noch mehr zu beurteilen.
Jiri Ehrenberger hat den Auftrag, dies als Sportdirektor weiter umsetzen?
Claus Gröbner: Richtig. Gemeinsam mit den Gremien haben wir uns auf eine Weiterführung der Zusammenarbeit mit Jiri Ehrenberger geeinigt. Der Sportdirektor ist eine strategische Position, die nicht allein vom kurzfristigen sportlichen Erfolg abhängt. Es ist nun Jiris Aufgabe, die Voraussetzungen zu schaffen, dass die Mannschaft wieder zum sportlichen Erfolg zurückkehren kann.
Jürgen Arnold, was sind die ausschlaggebenden Punkte für die Vertragsverlängerung?
Jürgen Arnold: Wir sehen die sportliche Entwicklung nicht nur isoliert bezogen auf unsere erste Mannschaft, sondern auch beispielsweise auf die Entwicklung des gesamten Nachwuchsbereichs, wo wir in den vergangenen Jahren sehr große Fortschritte verzeichnet haben. Und dabei schreiben wir uns nicht die Erfolge der Jugendmannschaften auf die Fahnen, wohl aber die vielen strukturellen Veränderungen, die wir nicht zuletzt der großen Erfahrung Jiri Ehrenbergers zu verdanken haben. Sportliche Enttäuschungen wird es immer wieder geben, nicht nur in Ingolstadt. Fehlverpflichtungen bei Spielern und Trainern passieren auch an anderen Standorten, sonst gäbe es nicht jährlich mehrere Trainerentlassungen...
... wie es sie bis zuletzt auch häufig in Ingolstadt gab. Ist das heutige Handeln eine Lehre aus jenen Zeiten?
Jürgen Arnold: Zumindest ist es eine Erfahrung aus den Jahren davor. Wir wollen langfristig Kontinuität erreichen! Vielleicht wurde aus dem Grund in der abgelaufenen Saison zu lange mit dem Trainerwechsel gewartet, was uns am Ende womöglich die Playoffs gekostet hat. Aber grundsätzlich ist unser Ziel Kontinuität, auf der Position des Trainers, vor allem aber auf der Position des Sportdirektors.
Gerade ist die zweite komplette Saison in Claus Gröbners Amtszeit als Geschäftsführer zu Ende gegangen. Wie fällt das Gesamtfazit aus?
Jürgen Arnold: Man hat, als der ERC an mehreren Stellen zu zerbrechen schien, eine sehr nach vorne gerichtete Entscheidung gefällt mit einem neuen Geschäftsführer und einem neuen Sportdirektor. Man hat einen Plan verfolgt. Wir sind, was die Entwicklung der Organisation angeht, noch nicht am Ende, aber auf einem guten Weg. Dass sportliche Rückschläge nicht zum Plan gehören, versteht sich von selbst. Ausschläge in beide Richtungen gehören zum Sport aber dazu. Wichtig ist, dass man aus den jeweiligen Situationen lernt und dafür analysieren wir diese genau. Wir vom Beirat, die wir den ERC schon viele Jahre begleiten, haben auch in der Vergangenheit mit Hochs und Tiefs umgehen müssen. Die Hochs waren noch nie so hoch wie die letzten beiden Jahre, Tiefs wie in der aktuellen Saison hat es aber schon gegeben. Die Situation ist, wenn auch nicht erwünscht, zumindest keine außergewöhnliche.
Claus Gröbner: Aus sportlicher Sicht ist es jetzt sicher schwer, eine Standortbestimmung zu machen. Aber als Geschäftsführer möchte ich auch einen Blick auf die Organisation richten. Ich würde sagen, dass sich der ERC da sehr gut weiterentwickelt hat. Hier hat es einen enormen Umbruch gegeben, personell wie strukturell. Wir haben uns viele Gedanken gemacht, wofür der ERC steht, eine Strategie entwickelt und begonnen, diese umzusetzen. Viele Bereiche, in denen es jahrelangen Stillstand gab, bewegen sich nun wieder. Das zeigen auch die Ergebnisse der Fanumfragen im Vergleich zu den letzten Jahren. Der Um- und Einbau der Kioske, der neue Fanshop, WLAN in der Arena oder aber die Aktionen am Spieltag, vom bayerisch-schottischen Fanfest bis zu Livemusik im Umlauf, sind nur einige Beispiele. Mit Website, Stadionheft oder der Arbeit in den sozialen Medien müssen wir uns im ligaweiten Vergleich nicht verstecken. Und wir arbeiten heute auch inhaltlich viel mehr mit unseren Sponsoren, unseren Partnern. Ein Beispiel aus vielen ist das gemeinsam mit den Panther-Anhängern entwickelte Fanbier. Wir haben uns außerdem vielen Themen angenommen, die nicht gleich so sichtbar sind und in der Öffentlichkeit stehen, die aber wichtig sind, wenn wir uns fragen: „Wofür steht Eishockey in Ingolstadt?“ Hierzu zählt die extrem arbeitsintensive Teilnahme und Mitgestaltung an der Champions Hockey League. Auch dies war eine strategische Entscheidung des Beirats und ein Meilenstein in der Wahrnehmung über die Region Ingolstadt hinaus.
Und Eishockey darf sich eben nicht nur über die Profimannschaft definieren, sondern auch über eine gute und professionelle Jugendarbeit. Wir sind natürlich nicht in den täglichen Trainings- und Spielbetrieb eingebunden, aber die enge Zusammenarbeit mit der Eishockeyabteilung des Stammvereins und allen voran mit Jugendkoordinator Petr Bares, der bei der GmbH angestellt ist und sich im ständigen Austausch mit Jiri Ehrenberger befindet, sowie die Arbeit mit der Audi Jugendakademie, dem Internat von FC Ingolstadt und ERC Ingolstadt, sind Themen, die wir intensiv verfolgen. Das größte Projekt ist derzeit allerdings die Konzeption einer dritten Eishalle, um Kapazitätsengpässe im Nachwuchs- und Breitensport zu verhindern. In vielen Bereichen sind wir auf einem guten Weg, das signalisieren uns auch unsere Partner aus der Wirtschaft. Ich glaube außerdem, dass die Fans das anerkennen. Und dass wir viele treue Fans haben, zeigt sich nicht zuletzt an den hervorragenden Zuschauerzahlen auch in dieser Saison des sportlichen Misserfolgs. Dafür gilt es an dieser Stelle nochmals Danke zu sagen.
Du hast die 3. Eishalle gerade angesprochen, wie sind hier die Planungen?
Claus Gröbner: Die dritte Eishalle ist eines dieser strategischen Projekte, aus Ingolstadt eine Eishockey-Hochburg zu machen. Derzeit laufen die Gespräche mit der Stadt, den Stadtwerken und dem Stammverein, wie die genaue Konzeption aussehen soll. Ich habe oft über die Verzahnung von Breitensport und Spitzensport gesprochen, dass das eine nicht ohne das andere geht. Das ist meine feste Überzeugung. Wir brauchen eine breite Basis an Nachwuchs- und Hobbysportlern und wir brauchen die Idole, die sich ein Kind als Vorbild nehmen kann. Dieses Verständnis ist ein fundamentaler Teil unseres „Ingolstädter Wegs“.
Apropos Ingolstädter Weg. Die Fans sagen, der ERC sei davon abgekommen...
Claus Gröbner: Sind wir nicht. Der „Ingolstädter Weg“ bedeutet ja nicht, die besten jungen deutschen Spieler anderen Clubs wegzukaufen, wie andere Organisationen das machen. Denn das hilft dem Deutschen Eishockey nur bedingt. Der Ingolstädter Weg ist ein langfristig angelegtes Projekt. Es geht darum, Strukturen zu schaffen, mit denen junge Spieler aus der Region in unser DEL-Team erfolgreich integriert werden können. Zunächst einmal bedeutet dies, das 5-Sterne-Konzept des DEB bestmöglich umzusetzen, aber auch an eigenen Ideen weiterzuarbeiten, die uns eine Spitzenstellung in Deutschland einbringen. Das muss das Ziel sein. Deshalb ist uns der Austausch mit Jugendkoordinator Petr Bares so wichtig, damit wir stets informiert sind, wo die Jugendteams stehen und wie wir sie unterstützen können. Zum Beispiel haben wir heuer einen Skating-Trainer aus der NHL, der mit unseren Profis gearbeitet hat, auch einem Nachwuchsteam zur Verfügung gestellt. Da lassen sich Synergien nutzen. Im Sommer haben einige DNL-Spieler am Training der Profis teilgenommen und konnten so ganz neue Erfahrungen sammeln. Jugendtorwart Christian Schneider beispielsweise bekam das Vertrauen und war mit der DEL-Mannschaft unterwegs. David Felsoci macht bei Oberliga-Kooperationspartner Bayreuth seine ersten Schritte und Simon Schütz hat Champions Hockey League gespielt und wird in der kommenden Saison sicher öfter in Ingolstadt zum Einsatz kommen. Schmidpeter, Wagner und Eisenhut werden in Ingolstadt bleiben. Sie haben, teilweise bei den Kooperationspartnern, wichtige Erfahrungen gesammelt und viel Eiszeit bekommen und sind auf dem Sprung in den A-Kader. Mit dem ESV Kaufbeuren haben wir einen Partner, der unsere Philosophie mitgeht und somit unseren Talenten eine Chance der Weiterentwicklung auf hohem Niveau gibt. Vielen Dank für die gute und vertrauensvolle Zusammenarbeit. Aber nochmal: alle langfristige Planung hilft wenig, wenn der sportliche Erfolg dabei auf der Strecke bleibt. Das DEL-Team hat Priorität. Der Anspruch in Ingolstadt ist, erfolgreiches und attraktives Eishockey zu spielen. Dem müssen wir unser Handeln unterordnen. Und wenn der Trainer dann die Entscheidung trifft, in einer wichtigen Phase der Saison eher auf erfahrenere Kräfte zu setzen, dann ist das ok, wenn es Erfolg bringt. Das heißt aber nicht, dass wir damit den Ingolstädter Weg verlassen, es zeigt höchstens, dass dieser auch mal steinig sein kann.
Was steht in den nächsten Wochen an? Wie laufen die Saisonvorbereitungen?
Claus Gröbner: Zunächst einmal gilt es sportlich die Weichen zu stellen. Wie gesagt, Jiri Ehrenberger genießt das Vertrauen der Organisation, des Beirats. Er hat die Aufgabe, die Fehler des vergangenen Jahres aufzuarbeiten und einen schlagkräftigen Kader zu formen. Aber eines ist klar: finanzielle Stabilität steht über allem. Wir werden keine Wette auf die Playoffs eingehen und mehr Geld ausgeben, als uns zur Verfügung steht. Da lassen wir uns auch nicht von Entwicklungen in anderen Clubs verleiten. Wir sind es unseren Fans und Partnern schuldig, dass wir den ERC nicht mit Risikogeschäften in Gefahr bringen.
Für uns als Organisation gilt es, eventuell verlorenes Vertrauen in den sportlichen Erfolg zurück zu gewinnen. Ich bin überzeugt, wir werden auch in Zukunft attraktives und erfolgreiches Eishockey in Ingolstadt sehen. Wenn wir auf die Bilanz der letzten Jahre blicken, sieht man, dass auf ein weniger erfolgreiches Jahr stets auch wieder erfolgreiche Jahre gefolgt sind. Und so wird es auch dieses Mal sein.
Danke für das Gespräch.
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