Profis, Nationalmannschaft // Samstag, 29.04.2017
WM-Serie: Russland
27 Mal hat Russland und seine Vorgängerstaaten bereits die Eishockey-Weltmeisterschaft gewonnen. Auch heuer kann man der Sbornaja viel zutrauen, meint Dimitri Kurnosow. Der 33-Jährige war als Spieler und ist als Trainer für den ERC Ingolstadt tätig. Er fiebert mit der russischen Mannschaft und hält die WM in Deutschland ein tolles Signal für den ERC-Nachwuchs.
Dimitri, du arbeitest als Trainer im ERC-Nachwuchsbereich und betreust die Kleinstschüler. Wie wichtig ist die Weltmeisterschaft in Deutschland für die Nachwuchsarbeit?
Kurnosow: Sie ist sogar sehr wichtig. Viele aus Ingolstadt und Umgebung fahren hin und schauen sich die Spiele live an. Viele Idole sind auf dem Eis, aus deutscher Sicht zum Beispiel Dennis Seidenberg und Tobias Rieder, die ansonsten in der NHL spielen. Das spricht die Kinder an, wenn sie die Stars im Fernsehen oder sogar im Stadion live sehen. Das hilft dem Eishockey, das im Vergleich zum Fußball in Anführungszeichen „unbekannt“ ist.
Schlagen beim Duell Deutschland-Russland zwei Herzen in deiner Brust?
Kurnosow: Auf jeden Fall. Ich bin in Russland geboren und lebe seit 1994 in Deutschland. Was das Eishockey angeht, bin ich eher für Russland. Sie spielen einfach ein bisschen besser als Deutschland. Ich habe mir aber letztens das Spiel der Deutschen gegen Tschechien angeschaut und ich muss sagen: Hut ab. Die Leistung, gerade was die Einsatzbereitschaft angeht, hat gestimmt.
Auf welche drei Spieler im russischen Team sollte der Zuschauer achten und warum?
Kurnosow: Wenn er kommt, natürlich Alexander Owetschkin. Bei ihm kommt es aber, wie auch zum Beispiel bei Jewgeni Malkin, darauf an, wie weit seine Mannschaft in den NHL-Playoffs kommt. Es wird aber in jedem Fall eine gute Mischung aus NHL und KHL. Dort spielen zum Beispiel Ilya Kovalchuk und Sergej Mozyakin. Sie sind erfahren und sehr treffsicher.
Russland holt Gold, wenn…
Kurnosow: Da müssen viele Faktoren zusammenkommen. Ich zähle Russland zu den Favoriten, aber gegen Mannschaften wie Kanada, Schweden, Finnland und die USA ist es tagesformabhängig. Auch andere Mannschaften darf man nicht außer Acht lassen. Was mir am russischen Eishockey gut gefällt: Ihr Spiel macht das Läuferische aus. Es ist auch schön anzusehen, was das Stickhandling angeht. Das sieht bei den Russen immer locker und einfach aus, ist aber in Wahrheit hart erarbeitet.
Womit wir zu Frage fünf kommen, die sich mit Vorurteilen beschäftigt: Ein beliebtes Vorurteil des deutschen Eishockeyzuschauers über das russische Eishockey ist, dass es manchmal zu Puck-verliebt und wenig effektiv ist. Würdest du dem zustimmen?
Kurnosow: Es kann möglicherweise sein. Die Spieler wollen alle ihr Können zeigen. Am ehesten trifft das auf Owetschkin zu, ich mag seine Spielweise persönlich nicht. Er kann unmenschlich sein, wie man zum Beispiel vor ein paar Jahren gesehen hat, als er Jaromir Jagr zusammengefahren hat. Ich mag eher das technische Eishockey. Das sage ich auch immer meinen Spielern.
Wie wirst du die Weltmeisterschaft verfolgen? Auf der Couch mit einem Bier, mit Freunden in einer Bar oder live in den Stadien?
Kurnosow: Ich werde mit meinem Bruder und Spezln hochfahren und ein paar Spiele anschauen. Mein Bruder hat das organisiert. Eines der Spiele ist auch mit Russland.
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